Mittwoch, 13. März 2013

Straßenbahnparadies Poznań

In Erwartung besten Frühlingswetters ging es am letzten Freitag auf ins polnische Poznan. Während das Wetter enttäuschte, ist der örtliche Straßenbahnbetrieb ein absolutes Highlight. Sage und schreibe zehn (!) verschiedene Wagentypen kursieren auf den 19 Tageslinien. Insgesamt sind rund 340 Wagen vorhanden, die mit ihrer hell-grün/gelben Lackierung das Stadtbild dominieren. Alle Wagen präsentieren sich in sehr gepflegten Zustand, auch wenn sie teilweise bereits aus den späten fünfziger Jahren stammen. Ein besonderer Augenschmaus sind natürlich die DÜWAG-Fahrzeuge, die Poznan in den Jahren 1996 – 2003 und 2010 und 2011 aus Frankfurt am Main bzw. Düsseldorf übernommen hat. Diese Fahrzeuge, im Volksmund als „Helmuty“ bezeichnet, verkehren teilweise noch in der Lackierung der früheren Einsatzbetriebe. Hier ein kleiner Exkurs durch die bunte Vielfalt an Straßenbahnwagen dieser auch sonst sehr sehenswerten Stadt. Das Wetter ließ bessere Bilder leider nicht zu.

Zahlreiche Bauarbeiten führen dazu, dass gut die Hälfte aller Straßenbahnlinien von der ursprünglichen Führung abweicht. So ist die Zajezdnia Glogowska (Glogowska-Depot) derzeit Wendepunkt für drei Linien. In dichtem Takt fahren hier Züge ein und aus. So auch dieser Zug aus zwei modernisierten Konstal 105Na (nun als 105N-Alfa HF07 bezeichnet).

Eindeutig Frankfurter Herkunft ist dieser GT8. 2005 kam er aus der Main-Metropole, wo er ebenfalls die Nummer 904 trug.

Auch sein Bruder 907 kam 2005 aus Frankfurt nach Poznan und auch seine Lackierung dürfte noch Original sein.

Noch ein Frankfurter beim Wenden - GT8 903.

Dass Solaris noch mehr kann als Busse, beweist der Tramino. Hier 544, der erst im letzten Jahr in Dienst gestellt wurde in der Ul. Glogowska.

Noch in den frühen 90er Jahren waren die Konstal N in Poznan im Einsatz. 2020 hat als Arbeitswagen überlebt. Hier rangiert er einen Solaris Tramino. Wegen des Gedränges im Depot war es fast zum Zusammenstoß mit einem ausrückenden Linienwagen gekommen...

Die Kreuzung Ul. Gorna Wilda und Krol. Jadwigi passiert dieses Gespann aus zwei Konstal 105Na. Rund 130 Stück dieses polnischen Standardwagens stehen noch im Einsatz.

Poznan ist ein Paradies für DÜWAG-Fans und die Linie 9 ist eine ihrer Stammlinien. Hier eine Begegnung am Pl. Wiosny Ludow. 690 und 662 stammen beide aus Düsseldorf.

Ebenfalls im Einsatz in Poznan: Siemens' Combino. Einer von 14 Stück, Wagen 510 begegnet uns hier.

Nicht etwa im Gegenverkehr ist der 2008 modernisierte 204 unterwegs. Die Trasse in der Ul. Sw. Marcin wurde zur eingleisigen Strecke degradiert und ist so Teil der Zentrumsschleife.

Der ehemalige Düsseldorfer 704 präsentiert sich hier vor einem modernen architektonischen Higlight des Zentrums, der "Galeria MM", die über eine eigen Aussichtsplattform verfügt.

Der Freiheitsplatz (Pl. Wolnosci) ist ebenfalls Teil des Zentrumsrings und wird von sechs Linien passiert. Auch die Linie 9 und GT8 710 müssen hier entlang. Das Hotel und Handelszentrum "Bazar" im Hintergrund wurde im Krieg schwer beschädigt und später sozialistisch überformt wieder aufgebaut. Seit 2005 präsentiert sich die Fassade wieder im ursprünglichen Neobarock, was man ...

... auf diesem Foto noch einmal gut sehen kann. Hier treffen wir auch den Zug aus 98+97. Die zahlreichen Lampen an der Stirnseite machen deutlich ...

... es handelt sich um einen unechten Zweirichtungszug. In den Jahren 2000 und 2006 rüsteten die Verkehrsbetriebe sechs 105Na mit einer Fahrerkabine aus Sie bekamen die Bezeichnung 105NaDK, wobei DK für "dwukierunkowy" also "Zweirichter" steht. Die Anschrift "Trasa zmieniona" könnte als derzeitiges Motto bei der Tram gelten: "veränderte Linienführung". 

Noch einmal der Freiheitsplatz und noch ein Zug aus 105Na.


Auf diesem Bild gut zu sehen: nicht alle "Stopiątki" ("Hundertfünfer") sind Solo einsetzbar. Gut die Hälfte der Fahrzeuge verfügt nur über ein Hilfspult und kann nur als geführter Triebwagen fahren.

Von den in 2010/11 übernommenen "Helmuty" sind einige noch in der Originallackierung unterwegs. Hier ein unverkennbar aus Düsseldorf stammender GT8.





In Poznan kann man an manchen Ecken noch Straßenbahnszenerien bewundern, wie man sonst meist vergeblich sucht. In der Ul. Strzelecka verkehrt die Tram sogar im Gegenverkehr durch die Einbahnstraße.








Eine weitere Wagengattung sind die Moderus Beta MF 02 AC. Eigentlich hatten die Poznaner Verkehrsbetriebe 2009 geplant, je zwei 105Na zu modernisieren und mit einem Nierflurmittelteil zu verbinden. Der Aufwand war wohl zu groß, jedenfalls wurde der Wagentyp nun gänzlich neu konstruiert. Die Idee ist aber geblieben: zwei hochflurige Teile sind mit einen niederflurigen verbunden. Hier 419 in der Ul. Seweryna Mielzinskiego.





Beeindruckendes Detail in Poznan: die von jeher von polnischen Betrieben bekannte runde Linienscheibe hat hier bis heute überlebt, mehr noch, sie wird konsequent weiter verwendet. Selbst die Schriftart ist dieselbe.

Vor dem Großen Moniuszki-Theater treffen wir den ehemaligen Düsseldorfer 707. Unweit von dieser Stelle befindet sich auf der zweifelhafte Bau des Poznaner Kaiserschlosses.

Die Theater-Brücke, im Volksmund auch Teatralka genannt, wurde 1908 errichtet und überquert die vielgleisige Eisenbahntrasse in der Nähe des Hauptbahnhofes. Im Krieg zerstört wurde sie 1995 originalgetreu wieder aufgebaut. Besonders schön: der Bereich ist nur für die Straßenbahn vorgesehen.










Zum Abschluss noch zwei Poznaner Kuriositäten: Hier ein Rest eines Ikarus-Gelenkbusses, der zu einem Hilfsgerätewagen umgebaut ist. Diese Art des Umbaus trifft man in vielen Ländern des Ostens.

Ein weiteres Kuriosum sind die zehn Tatra RT6N1, ein Wagentyp, der sonst außerhalb Tschechiens nicht vorkommt. Leider sind die Wagen so störanfällig, dass man sich nach nur zwölfjähriger Einsatzzeit wieder von ihnen trennen möchte. Hier der erste Wagen dieser Serie, 401 auf der Bahnhofsbrücke (Most Dworcowy).


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